Verbrauchsdatum und Mindesthaltbarkeit sind zwei Paar Schuhe
Die Brücke zu den Rechtsthemen schlug Andreas Schmölzer von SAICON Consulting mit einer kritischen Betrachtung des Mindesthaltbarkeitsdatums (MHD). Ein Großteil der Lebensmittelabfälle im Haushalt stehe damit im Zusammenhang, da es meist falsch verstanden werde. „Allerdings ist die Ursache dafür meistens nicht das Unverständnis der Konsumenten, sondern die fehlende Anbringung eines Verbrauchsdatums (VBD) bei empfindlichen Produkten“, wie Schmölzer kritisierte. Dies wiederum wäre aber die Basis für eine vernünftige Aufklärung der Konsumenten über mögliche Haltbarkeitsreserven. Das Mindesthaltbarkeitsdatum ist jenes Datum, bis zu dem ein Lebensmittel bei richtiger Aufbewahrung seine spezifischen Eigenschaften behält, wobei ein Verkauf danach noch möglich ist, wenn darauf deutlich hingewiesen wird. Bei empfindlichen Lebensmitteln wird hingegen häufig das Verbrauchsdatum angegeben, wobei die Produkte nach dessen Ablauf nicht mehr verkauft werden dürfen und auch nicht mehr verzehrt werden sollten.
Neue EU-Verordnung zur Ursprungskennzeichnung von Rohstoffen ab 2020
Nützliche Hinweise zur Ursprungskennzeichnung von Rohstoffen gab es von Christa Wentzel, von der Stabsstelle Täuschungsschutz der Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit (AGES) sowie von Rechtsanwalt Markus Grube von der auf Lebensmittelrecht spezialisierten Kanzlei KWG aus Deutschland. Grube unterstrich die Bedeutung: „Herkunftsangaben wecken so starkes Vertrauen wie eine eingeführte Marke“, unterstrich Grube die Bedeutung. Dies sei auch der Grund für eine neue EU-Verordnung, die dieses für Konsumenten so wichtige Thema ab 2020 regelt. Damit wird zum Beispiel auch bei Fruchtjoghurt mit dem AMA-Gütesiegel die Herkunft der Früchte anzugeben sein, sofern diese nicht aus Österreich kommen. Allerdings gibt es im Detail noch große Probleme und viele Fragen für die praktische Umsetzung. Jedenfalls wird in Österreich ein Leitfaden zur Hilfestellung bei der Umsetzung erarbeitet, der auch in eine europäische Lösung Eingang finden soll. Wentzel erklärte den Stand der Verhandlungen und betonte, dass aufgrund der schwierigen Problemstellungen nicht mit einer baldigen Veröffentlichung zu rechnen sei.
Afrikanische Schweinepest steht vor den Toren Österreichs
Der Schutz der Konsumentengesundheit ist zentrales Thema im Lebensmittelrecht, Krankheitserreger sind dabei ein wesentlicher Gegner. Beatrix Stessl von der Veterinärmedizinischen Universität Wien zeigte im „Update Listerien“ die Entwicklungen dieser vor allem für betagte Menschen hochgefährlichen Keimgruppe in den Jahren 2008 bis 2015 auf. Es ist ein Thema der tierischen Produkte, diese waren zu 85 Prozent für durch Lebensmittel verursachte Ausbruchsgeschehen verantwortlich. Im Gegensatz dazu ist das Thema EHEC längst bei pflanzlichen Lebensmitteln angekommen. „Die Sprossen sind das Hackfleisch der Veganer“, erwähnte Ulrich Busch vom Bayerischen Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit (LGL) in seinem Update zu dieser gefährlichen Spezies. Für den Menschen nicht gefährlich, aber für die Wirtschaft fatal ist die Ausbreitung der afrikanischen Schweinepest. Diese hat sich bereits über weite Teile Osteuropas ausgebreitet, auch punktuell Mitteleuropa erreicht und steht inzwischen vor den Toren Österreichs. Über die Bedeutung der Situation und die dazu vorbereiteten Krisenpläne sowie die Vorbereitungsmöglichkeiten für Betriebe erteilte Amtstierarzt Herfried Haupt Auskunft. Er fürchtet hier den „Blick in die Hölle“, da sich die Tierkrankheit dramatisch ausbreitet und rief zur konsequenten Umsetzung der Maßnahmen auf.
Pferdefleischskandal führte zu mehr Sorgfalt
Spätestens seit dem Pferdefleischskandal ist der Ernährungssektor gefordert, sich mit dem Thema Lebensmittelbetrug (Food Fraud) intensiv auseinanderzusetzen. Die Hintergründe des Strafrechts für den Lebensmittelbereich legte Gregor Schobesberger von der Staatsanwaltschaft Linz eindrucksvoll dar. „Beraten statt Strafen“ ist die neue Devise im Verwaltungsrecht. Albin Larcher, Vizepräsident des Landesverwaltungsgerichtes Tirol, warf die Frage auf, ob die Unschuldsvermutung auch im Lebensmittelrecht gelte und spannte dabei einen interessanten Bogen, angefangen von der Verantwortlichkeit über die Sorgfaltspflicht bis zur Strafbarkeit. Mit Nachdruck wies er auf die völlig unterschätzte Bedeutung des HACCP-Konzepts im Verwaltungsstrafverfahren hin und rief zur Vertiefung auf. Während beim Schutz der Konsumentengesundheit auch künftig Strafen unausweichlich sind, wird es bei den sich ständig ausweitenden Verwaltungsdetailvorschriften auch Beratung geben müssen.
Viele Rechtskonflikte durch „Superfood“
Was will der Verbraucher? Diese Frage beschäftigt Lebensmittelunternehmer jeden Tag und auch Verbraucherschutzinstitute wie den Verein für Konsumenteninformation (VKI). Katrin Mittl vom VKI gab einen erhellenden Überblick über aktuelle Verbrauchererwartungen und wie sich diese im Laufe der Zeit verändert haben. Während bei Anfragen die Themen Verpackung mit 35 Prozent und Zusammensetzung mit 25 Prozent Dauerbrenner sind, gewinnen die Aspekte „Herkunft“ und „traditionell“ zunehmend an Bedeutung für die Verbraucher. Hier sei daher auch zunehmend Sensibilität gefordert. Ebenfalls verändert hat sich die Bedeutung von Pflanzen in der menschlichen Ernährung und auch im Lebensmittelrecht, denn nicht alle Früchte der Natur sind dem Menschen zuträglich, einiges ist lebensmittelrechtlich unvereinbar. Markus Zsivkovits von der AGES ist täglich damit konfrontiert und berichtete aus der Praxis. Neben problematischen neuartigen Lebensmitteln kommt es auch vermehrt zu mikrobiologischen Zwischenfällen. Ebenso begründen sich viele Rechtskonflikte auf schwierige Auslobungen wie zum Beispiel „Superfood“.